Kündigung eines Bausparvertrags nach Ablauf von 10 Jahren zulässig?
Kündigung eines Bausparvertrags nach Ablauf von 10 Jahren zulässig?
Infolge der anhaltenden Niedrigzinsphase versuchen viele Bausparkassen sich ihrer zum Teil noch bis zu 5 % p.a. verzinsten Bausparverträge aus den 1980-er und 90-er Jahren durch Kündigung zu entledigen. Sie berufen sich dabei auf das Argument, dass nach Ablauf von 10 Jahren seit Zuteilungsreife des Bausparvertrags ein gesetzliches Kündigungsrecht gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bestehe, auch wenn der Vertrag noch nicht voll angespart wurde. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat in zwei Entscheidungen vom 30.03.2016, Az.: 9 U 171/15, und vom 04.05.2016, Az. 9 U 230/15, dem nun eine Absage erteilt und im Sinne der Bausparer entscheiden.
Nach Auffassung des Gerichts ist das 10-jährige Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf zuteilungsreife Bausparverträge gerade nicht anwendbar, sofern die Verträge noch nicht voll angespart wurden. Während der Ansparphase gewähre zwar der Bausparer als Darlehensgeber der Bausparkasse als Darlehensnehmerin ein Darlehen. Dennoch sei die aus dem Darlehensrecht stammende Norm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zugunsten der Bausparkassen nicht anwendbar, weil deren Schutzzweck nicht einschlägig sei. Das Gesetz will mit dem Kündigungsrecht nach Ablauf von 10 Jahren den Darlehensnehmer vor einem einseitigen Zinsbestimmungsrecht des Darlehensgebers schützen. Wenn eine Bausparkasse als Darlehensnehmerin ein Darlehen von einer Privatperson erhalte, unterliege sie aber keinem einseitigen Zinsbestimmungsrecht des Bausparers. Der Zinssatz wurde nämlich gerade von der Bausparkasse als Darlehensnehmerin bei Vertragsschluss mit dem Bausparer vorgegeben. Letztlich hätten die Bausparkassen es versäumt, ein vertragliches Kündigungsrecht bei Abschluss der Verträge zu vereinbaren. Dieses Versäumnis dürfe nicht zulasten der Bausparer gehen!
Die Kanzlei PSS Rechtsanwälte rät betroffenen Verbrauchern, deren Bausparverträge gekündigt wurden, die Kündigung von einem Rechtsanwalt überprüfen zu lassen. Zwar wurde im Fall des OLG Stuttgart das letzte Wort noch nicht gesprochen, da eine Entscheidung des BGH zu dieser Frage noch aussteht. Es ist aber nicht auszuschließen, dass der BGH sich der Ansicht des OLG Stuttgart anschließen wird. Viele Bausparkassen haben in Anbetracht der derzeit höchstrichterlich nicht geklärten Rechtslage auch eine erhöhte Bereitschaft zum Abschluss von außergerichtlichen Vergleichen, so Dr. Perabo-Schmidt von der Kanzlei PSS Rechtsanwälte. Viele Fälle lassen sich daher gegebenenfalls ohne die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtschutzes lösen.