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Auch während der Corona-Pandemie haben Reiseveranstalter die 14-tägige Frist zur Reisekostenrückzahlung nach einer Stornierung einzuhalten um nicht zusätzlich noch Verzugszinsen zu schulden. Dies entschied beispielsweise das Amtsgericht Frankfurt a.M. nun getreu dem zivilrechtlichen Grundsatz „Geld hat man zu haben“ in seinem Urteil vom 15.10.2020 (Az. 32 C 2620/20 (18)).

Das beklagte Reiseunternehmen hat die Reise wegen der Pandemie storniert. Es bot dem Kläger, der eine Pauschalreise nach Spanien gebucht hatte, zunächst nur einen Reisegutschein als Rückzahlung an. Erst nach Einschaltung eines Anwalts und Einleitung des Klageverfahrens erklärte sich das in Frankfurt ansässige Unternehmen bereit, das Geld zurückzuerstatten. Ein Verzug wurde jedoch weiterhin bestritten. Der Reiseveranstalter berief sich dabei auf ein fehlendes Verschulden wegen „unvorhergesehener Liquiditätsschwierigkeiten und nicht zu bewältigendem Organisationsbedarf“ bei der Bearbeitung der zahlreichen Rückzahlungen.

Coronabedingter Ausnahmezustand zählt nicht

Dieser Argumentation erteilte das AG Frankfurt a.M. eine Absage und verurteilte zur Schadensersatzzahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten und der entstandenen Verzugszinsen. Das Unternehmen hätte nach Ansicht des Gerichts trotz des coronabedingten Ausnahmezustands in der Lage sein müssen, die Rückzahlungen fristgerecht zu organisieren. Zum Beispiel durch Einrichtung einer dafür bestimmten Abteilung.

Reisegutschein reicht nicht

Die Verpflichtung, das Geld innerhalb der zweiwöchigen Frist zu erstatten, wurde auch nicht durch das Gutscheinangebot ausgesetzt. Die im Bundestag beschlossene, freiwillige Gutschein-Lösung lässt im Einklang mit EU-Recht dem Kunden weiterhin die Möglichkeit, auf der Rückzahlung zu bestehen. Daher dürfe es nicht zu Lasten des Kunden gehen, wenn er einen Gutschein später ablehnt.

Insgesamt gilt eben auch in Zeiten der Pandemie: „Geld hat man zu haben“. Zahlen muss man seine Schulden auch jetzt fristgerecht, wenn nicht ausnahmsweise eine Stundung vereinbart wurde.

In seinen im Jahre 2020 ergangen Entscheidungen hat das Landgericht München I Versicherer zur Auszahlung erheblicher Summen aus Betriebsschließungsversicherungen verurteilt, die diese den Gastwirten, die aufgrund von Corona-Verordnungen ihre Gaststätten im Frühjahr hatten schließen müssen, verweigert hatten.

Derzeit beschäftigen die Gerichte zahlreiche Klagen von Hoteliers und Gastronomen gegen Versicherungsunternehmen, die die für eine Betriebsschließung vereinbarten Versicherungssummen nicht auszahlen wollen.

Die Begründungen der Versicherer dafür umfassen z.B. die Neuartigkeit von Covid19, da die Krankheit in den Verträgen nicht aufgeführt sei, oder dass die Schließung aufgrund von Allgemeinverfügungen der Länder statt konkreter Anordnungen auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes des Bundes (IfSG) nicht abgedeckt sei.

Zudem hatte die Bayerische Landesregierung im April mit mehreren Versicherungsunternehmen eine Lösung ausgehandelt, die Versicherungsfälle auf Kulanzbasis abzuwickeln: Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erklärten sich die beteiligten Versicherer bereit, 15 % der Versicherungssummen jeweils als Entschädigung auszuzahlen. Die Auszahlung dieses sehr geringen Prozentsatzes wurde mit der umfassenden Kompensation der Ausfälle durch den Staat begründet. 70 % des Schadens von Restaurants, Gaststätten und Hotels durch die landesweiten Betriebsschließungen seien durch Soforthilfen, ersparte Materialkosten und Kurzarbeit bereits abgewendet worden. Die verbleibenden 30 % sollne beide zur Hälfte freiwillig tragen.

Die Entscheidungen des Landgerichts München I machen jedoch deutlich, dass Versicherer sehr wohl verpflichtet sein können, die in den Betriebsschließungsversicherungsverträgen vereinbarten Summen voll auszuzahlen. Dem Betreiber der Gaststätte Sankt Emmeramsmühle wurden gut 427.000 Euro zugesprochen (Urteil vom 22.10.2020 (Az. 12 O 5868/20)), dem Wirt des Augustiner-Kellers sogar rund eine Million Euro (Urteil vom 01.10.2020 (Az. 12 O 5895/20)).

Das Gericht rügte in beiden Fällen jeweils, dass die entsprechenden Klauseln in den Verträgen intransparent seien und, da es sich um Allgemeine Versicherungsbedingungen handle, daher zu Lasten der Versicherer unwirksam.

Da sich solche Verträge von Versicherung zu Versicherung und je nach Gewerbe stark unterscheiden, ist aber eine individuelle Prüfung der Bedingungen stets nötig und eine Verallgemeinerung nicht möglich.

Im Fall des Augustiner-Kellers führte das Landgericht weiter aus, das Coronavirus müsse im konkreten Betrieb nicht aufgetreten sein, um eine Betriebsschließung wegen Gesundheitsgefährdung auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes zu begründen, denn auch die Allgemeinverfügungen beruhten ausdrücklich auf dem Infektionsschutzgesetzes des Bundes. Genauso sorge eine Kompensation durch staatliche Soforthilfen nicht für eine Reduktion des Anspruchs aus dem Betriebsschließungsversicherungsvertrag.

Es empfiehlt sich also in jedem Fall vor der Annahme eines Vergleichsangebots durch Versicherer die fachliche Beratung durch einen Anwalt!

In Kürze startet die Beantragung von Novemberhilfe, also Geldern für alle, die direkt, indirekt oder mittelbar von den Corona-Schutzmaßnahmen betroffen sind. Die Antragstellung soll voraussichtlich am 25. November 2020 starten. Die Auszahlung soll innerhalb weniger Tage noch im November erfolgen.

Wer ist bei der Novemberhilfe förderungsberechtigt?

  • Alle Unternehmen (auch öffentliche), Betriebe, Selbständige, Vereine und Einrichtungen, die auf Grundlage der erlassenen Schließungsverordnungen der Länder in Folge des Beschlusses der Bundeskanzlerin und der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 28. Oktober 2020 den Geschäftsbetrieb einstellen mussten (direkt betroffene Unternehmen).
  • Alle Unternehmen, die nachweislich und regelmäßig 80 Prozent ihrer Umsätze mit direkt von den oben genannten Maßnahmen betroffenen Unternehmen erzielen (indirekt betroffene Unternehmen).
  • Antragsberechtigt sind auch Unternehmen, die regelmäßig 80 Prozent ihrer Umsätze durch Lieferungen und Leistungen im Auftrag direkt von den Maßnahmen betroffener Unternehmen über Dritte (zum Beispiel Veranstaltungsagenturen) erzielen. Diese Unternehmen müssen zweifelsfrei nachweisen, dass sie wegen der Schließungsverordnungen auf der Grundlage der Ziffern 5 und 6 des vorgenannten Beschlusses vom 28. Oktober 2020 einen Umsatzeinbruch von mehr als 80 Prozent im November 2020 erleiden.
  • Verbundene Unternehmen, wenn mehr als 80 Prozent des verbundweiten Gesamtumsatzes auf direkt oder indirekt betroffene Verbundunternehmen entfällt. Erstattet werden 75 Prozent des Umsatzes der betroffenen Verbundunternehmen.
  • Beherbergungsbetriebe und Veranstaltungsstätten werden als direkt betroffene Unternehmen angesehen.

Was bekomme ich bei der Novemberhilfe?

Es werden 75 Prozent des entsprechenden durchschnittlichen Umsatzes aus dem November 2019 gewährt. Bei Soloselbständigen und Antragsberechtigten, die nach dem 31. Oktober 2019 ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen haben, gelten eventuell Ausnahmen. Hier sind oder können eventuell andere Zeiträume als Vergleich heranzuziehen.

Wo stelle ich den Antrag auf Novemberhilfe?

Anträge können in den nächsten Wochen über die bundeseinheitliche IT-Plattform der Überbrückungshilfe gestellt werden (antragslogin.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de).

Wer kann den Antrag auf Novemberhilfe stellen? Wer ist bei der Novemberhilfe antragsberechtigt?

Die elektronische Antragstellung muss hierbei durch einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer oder steuerberatenden Rechtsanwalt erfolgen. Nur Soloselbständige können selbst antragsberechtigt sein. Für juristische Personen wie eine GmbH, UG oder Personengesellschaften wie die GbR muss die Antragstellung über die Genannten erfolgen.

Wir übernehmen den Antrag auf Novemberhilfe für Sie

Die Kanzlei PSS Rechtsanwälte kann für Sie die Antragstellung übernehmen. Auch wenn Sie bisher nicht bei uns Ihre Buchhaltung geführt haben oder von uns steuerlich vertreten wurden, unterstützen wir Sie. Rechtsanwalt Schem ist im Steuerrecht tätig und hilft Ihnen auch während der Corona-Krise. Rufen Sie einfach unverbindlich an.