Viele Autofahrer haben ihr Fahrzeug kreditfinanziert oder geleast. Dies eröffnet den Autofahrern die Möglichkeit, über den Widerruf des Kreditvertrags das gesamte Geschäft rückabzuwickeln. Insbesondere in Zeiten von Fahrverboten und Dieselskandal suchen Autofahrer vermehrt nach Möglichkeiten, sich von ihrem finanzierten Fahrzeug möglichst ohne Verluste zu trennen. Hier eröffnet der Widerruf des Kredit- oder Leasingvertrag eine entsprechende Möglichkeit. Nach Schätzungen von Verbraucheranwälten sind knapp die Hälfte aller Kfz-Finanzierungsverträge fehlerhaft und damit widerrufbar. Betroffen hiervon sind die Banken nahezu aller namhafter Hersteller (Volkswagen Bank, Audi Bank, Mercedes-Benz Bank, Opel Bank, Toyota Kreditbank etc.).
Warum kann ein Autokredit widerrufen werden?
Hat ein Verbraucher einen Autokredit- oder Leasingvertrag geschlossen, muss er bei Vertragsschluss auf sein gesetzliches Widerrufsrecht hingewiesen werden. Verbraucher haben nämlich beim Abschluss eins Kreditvertrags ein sogenanntes 14-tägiges Widerrufsrecht. Diese Frist beginnt aber nur dann zu laufen, wenn die Widerrufsbelehrung richtig war. Entsprachen die Widerrufsinformationen oder Pflichtangaben in den Autokreditverträgen nicht den gesetzlichen Anforderungen, führt dies dazu, dass die 14-tägige Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt und der Kreditkunde den Vertrag mitunter auch Jahre nach Vertragsschluss noch widerrufen kann. Voraussetzung ist allerdings, dass der Vertrag nach dem 10. Juni 2010 geschlossen wurde. Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Dr. Perabo-Schmidt von der Kanzlei PSS Rechtsanwälte aus Wiesbaden schätzt, dass ein Großteil der Autokreditverträge, die nach dem 10. Juni 2010 geschossen wurden, nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht und daher auch heute noch widerrufbar ist.
Was ist die Folge eines Widerrufs?
Ist der Widerruf eines Autokredit- oder Leasingvertrag möglich und wird er wirksam erklärt, hat dies zur Folge, dass sowohl der Kredit- oder Leasingvertrag als auch der damit verbundene Autokaufvertrag rückabgewickelt werden müssen. Das bedeutet konkret: Der Kunde muss das finanzierte Auto zurückgeben und kann im Gegenzug die Zahlungen auf den Kredit- bzw. Leasingvertrag einstellen. Ferner erhält er seine bisherigen Zahlungen (Anzahlung, Zins- und Tilgungsraten) zu erheblichen Teilen zurück. Anspruchsgegner ist dabei immer die Bank und nicht der Händler. Daher muss auch die Bank die gezahlte Anzahlung erstatten und auch das Fahrzeug entgegennehmen. Die Finanzierung und der Kaufvertrag stellen wegen § 358 BGB eine Einheit dar und die Bank tritt im Falle einer Rückabwicklung an die Stelle des Händlers.
Nutzungsersatz
Verträge vor dem 14.06.2014
Im Falle eines wirksamen Widerrufs muss sich der Kunde gegebenenfalls eine Nutzungsentschädigung auf seinen Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung sowie Zins und Tilgung anrechnen lassen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn der Vertrag bis zum 14.06.2014 geschlossen wurde. Der Nutzungsersatz berechnet sich dabei wie folgt: Der Kaufpreis ist mit den gefahrenen Kilometer zu multiplizieren und Ergebnis muss sodann durch die übliche Maximalfahrleistung des betreffenden Fahrzeugs dividiert werden. Der Abzug liegt damit in der Regel deutlich unter dem üblichen Wertverlust eines Fahrzeugs, was den Widerruf trotz Nutzungsersatz attraktiv macht.
Verträge nach dem 14.06.2014
Wurde der Vertrag allerdings nach dem 14.06.2014 geschlossen muss der Kunde nach einem aufsehenerregenden Urteil des LG Ravensburg vom 07.08.2018 (Az.: 2 O 259/17) infolge eines wirksamen Widerrufs keine Nutzungsentschädigung an die Bank zahlen. Er muss also das Auto an die Bank übergeben und erhält im Gegenzug sämtliche Darlehensraten sowie die Anzahlung erstattet.
Urteile
Zahlreiche Instanzengerichte haben bereits die Widerrufsbelehrungen von verschiedenen Autokreditbanken für fehlerhaft erklärt und den Fahrzeugerwerb rückabgewickelt. Zu nennen sind hier unter anderem das Landgericht Berlin, Az. 4 O 150/16 (05.12.2017), das Landgericht München, Az. 29 O 1351/18 (01.06.2018), das Landgerichts Stuttgart, Az.: 25 O 73/18 (21.08.2018), das Landgericht Hamburg, Az. 318 O 141/18 (12.11.2018) und das Landgericht Aurich, Az. 1 O 632/16.
Tipp vom Anwalt
Fachanwalt für Bank und Kapitalmarktrecht Dr. Perabo-Schmidt von der Kanzlei PSS Rechtsanwälte aus Wiesbaden rät allen Verbrauchern, die sich von einem unliebsamen Autokredit- oder Leasingvertrag samt finanzierten Fahrzeug trennen möchten, die Widerrufsbelehrung nebst Widerrufsinformationen von einem Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht überprüfen zu lassen. Die Kanzlei PSS Rechtsanwälte prüft Ihren Autokredit- oder Leasingvertrag kostenfrei. Wir freuen uns auf Ihren Kontakt.