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1. Unterschied zwischen Hausrat- und Gebäudeversicherung

Tritt ein Wasserschaden in der Wohnung oder dem Haus auf, stellt sich die Frage, ob und welche Versicherung für den Schaden aufkommen muss. Zunächst muss danach differenziert werden, welcher Schaden genau eingetreten ist. Geht es „nur“ um die Beschädigung von eingebrachtem Hausrat (also dem Inventar wie Möbel, Kleidung, Elektrogeräte, Fernsehgerät etc.) durch in die Wohnung bestimmungswidrig eingetretenes Wasser, ist grundsätzlich die sogenannte Hausratversicherung der richtige Ansprechpartner. Anders jedoch, wenn es um Schäden am Gebäude selbst geht. Ist durch den Wassereintritt beispielweise Feuchtigkeit in das Mauerwerk, den Bodenbelag, den Estrich gezogen und hat gegebenenfalls Folgeschäden an eingebauten Fenstern und Türen ausgelöst oder hat sich vielleicht schon Schimmel an den Wänden gebildet, dann ist die Gebäudeversicherung grundsätzlich der richtige Ansprechpartner.

Die Abgrenzung zwischen der Zuständigkeit von Hausrat- und Gebäudeversicherung kann im Einzelfall schwierig sein, etwa bei fest verklebten Teppichböden oder Einbauküchen. Hier muss anhand der Versicherungsbedingungen geprüft werden, ob der beschädigte Gegenstand ein echter Gebäudeteil ist (und damit der Gebäudeversicherung unterliegt) oder zum Inventar gehört, das der Hausratversicherung zuzuordnen ist.

2. Welches Risiko ist bei einem Wasserschaden versichert?

Ein Wasserschaden in bzw. an einem Gebäude oder in einer Wohnung kann auf verschiedenen Ursachen beruhen. Denkbar sind geplatzte Leitungen und Rohre, undichte Bade- und Duschwannen, eindringendes Regenwasser (Starkregen), Überschwemmungen etc. Die jeweiligen Versicherungsbedingungen unterscheiden hier stark, welches Risiko vom Versicherungsschutz umfasst sein soll. Manche Versicherungen schließen auch bestimmte Risiken explizit aus, etwa geplatzte Schläuche von Waschmaschinen oder Folgeschäden durch Hausschwamm infolge eines schleichend unbemerkten Wasseraustritts. Ob diese Ausschlüsse im Einzelfall berechtigt sind, muss letztlich von einem Anwalt geprüft werden und kann pauschal nicht beantwortet werden.

Gebäudeversicherungen werden im Übrigen häufig als sogenannte „verbundene Gebäudeversicherung“ abgeschlossen. Dann werden nicht nur Wasserschäden, sondern je nach Vereinbarung auch Feuer-, Sturm- und Elementarschäden abgesichert.

3. Sonderfall Betriebsunterbrechungsversicherung

Gewerbliche Versicherungsnehmer (Firmen) schließen im Rahmen einer Gebäudeversicherung bzw. Hausratversicherung häufig auch eine sogenannte „Betriebsunterbrechungsversicherung“ ab. Diese Versicherung greift dann ein, wenn durch den Wasserschaden der Betrieb unterbrochen wird. Im Falle einer wasserschadenbedingten Betriebsunterbrechung wird dann in der Regel der Betrag gezahlt, der dem Versicherungsnehmer infolge des Schadenereignisses an Gewinn entgeht. Außerdem werden dem Firmeninhaber die laufenden Kosten wie Löhne und Mieten erstattet.

4. Was wird beim Wasserschaden erstattet – Neuwert oder Zeitwert?

Bei der Erstattung eines Schadens durch die Versicherung wird zwischen dem Neuwert und dem Zeitwert unterschieden. Unter Zeitwert ist der Wert zu verstehen, den ein Gegenstand zum Zeitpunkt des Schadeneintritts objektiv besitzt. Der Neuwert ist demgegenüber der Betrag, der zu zahlen ist, wenn der beschädigte Gegenstand in neuwertigem Zustand wiederbeschafft werden soll.

Die Gebäudeversicherung erstattet in der Regel den sogenannten gleitenden Neuwert. Dies ist der erforderliche Betrag, um das Gebäude nach den heute geltenden Vorschriften wiederherzustellen. Dies führt dazu, dass die Gebäudeversicherung beispielsweise nach einem versicherten Ereignis mit irreparablen Wasserschäden das Gebäude nach den neuesten Standards (wieder)herstellen muss.

Die Hausratversicherung erstattet bei Unmöglichkeit der Reparatur grundsätzlich den Wiederbeschaffungswert zum Neupreis. Es wird in der Regel also nicht der ursprünglich bei Anschaffung gezahlte Preis erstattet, sondern nur was der Gegenstand heute in neuwertigem Zustand kosten würde. Gerade bei technischen Geräten kann der Anschaffungspreis innerhalb von wenigen Jahren hier durchaus geringer ausfallen.

5. Warum zahlt die Versicherung den Wasserschaden nicht – was tun?

– Ausschlussklausel

Zahlt die Versicherung den Wasserschaden nicht, bleibt letztlich nur noch der Gang zum Anwalt. Versicherungen nutzen häufig Auslegungsspielräume ihrer Versicherungsbedingungen zu ihren Gunsten aus, um einen (versicherten) Schaden abzulehnen. Oftmals ist aber nicht ganz klar, ob eine Ausschlussklausel auf den jeweiligen Sachverhalt tatsächlich passt. Zuweilen sind auch Ausschlussklauseln unwirksam, da die Rechtsprechung an die Wirksamkeit von allgemeinen Versicherungsbedingungen im Interesse des Versicherungsnehmers hohe Anforderungen stellt. Ausschlussklauseln müssen gemäß dem sogenannten Transparenzgebot nämlich klar und verständlich formuliert sein.  Eine Hürde, an der viele Versicherungen in der Vergangenheit schon gescheitert sind, wie Herr Rechtsanwalt Dr. Perabo-Schmidt von der Kanzlei PSS Rechtsanwälte aus Wiesbaden weiß.

– Fehlende Beweismittel

Versicherungen stellen zum Teil auch in Abrede, dass beschädigte Gegenstände tatsächlich existiert haben. Daher rät Herr Rechtsanwalt Dr. Perabo-Schmidt dingend dazu, beschädigte Gegenstände nicht vor Freigabe der Versicherung zu entsorgten, um keine Beweismittel zu vernichten.

– Obliegenheitsverletzungen

Ein „Klassiker“ ist auch die Anspruchskürzung wegen dem Vorwurf von sogenannten Obliegenheitsverletzungen, wenn etwa dem Versicherungsnehmer eine grob fahrlässige Schadenverursachung vorgeworfen wird. Die Versicherung wirft dann dem Versicherungsnehmer beispielsweise das Unterlassen von gebotenen Sicherungsmaßnahmen vor (bspw. mangelhafter Hochwasserschutz, Waschmaschinenbetrieb während Ortsabwesenheit usw.). Wichtig ist hier, dass die Versicherung nur bei grob fahrlässiger Schadenverursachung zur Leistungskürzung berechtigt ist, nicht jedoch bei einfacher Fahrlässigkeit. So kommt es vor, dass Versicherungen vorschnell eine grobe Fahrlässigkeit unterstellen und gegebenenfalls unzulässigerweise eine Anspruchskürzung vornehmen.

– Schaden nicht versichert oder Vorvertraglichkeit

Schließlich kommt es auch vor, dass Versicherungen behaupten, dass das verwirklichte Risiko nicht versichert sei oder der Schaden schon vor Versicherungsvertragsschluss eingetreten sei (etwa bei schleichendem Wasseraustritt). Auch hier muss die Ablehnung der Versicherung genau anhand des Versicherungsscheins und der Versicherungsbedingungen überprüft werden.

6. PSS Rechtsanwälte

Die Kanzlei PSS Rechtsanwälte aus Wiesbaden vertritt seit Jahren Versicherungsnehmer bei der Durchsetzung ihrer Rechte gegen Versicherungen im Rahmen der Regulierung von Wasserschäden. Wir freuen uns auf Ihren Kontakt.

Wohngebäudeversicherungen versuchen häufig ihren Kunden sogenannate Obliegenheiten zum Schutz der versicherten Sache aufzuerlegen, z.B. zur Vermeidung von Überschwemmungs- bzw. Rückstauschäden. Das OLG Frankfurt am Main (Az.: 7 U 71/21) hat am 13.05.2022 entschieden, dasss die dem Versicherungsnehmer mittels Versicherungsbedingungen auferlegte Obliegenheit Rückstausicherungen „funktionsbereit“ zu halten, mangels Bestimmtheit nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist. Die Versicherung durfte daher keine Leistungskürzung um 50 % wegen grober Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers vornehmen.

1. Der Fall

Im Fall hatte ein Versicherungsnehmer gegen seine Wohngebäudeversicherung auf Zahlung von rund EUR 12.000 geklagt, weil die Versicherung den Wasserschaden wegen Rückstaus zuvor nur im Umfang von 50 % übernahm. Vorausgegangen war eine aufgetretene Feuchtigkeit im Keller des klägerischen Hauses durch aufsteigendes Wasser, das aus den Abflüssen heraustrat. Die Ursache der Feuchtigkeit war der Ausfall der Rückstausicherung bzw. der Hebepumpe, die in einem Drainageschacht angebracht war. Hierdurch sollte das Wasser nach außen in den Straßenkanal gepumpt werden. Der Kläger meldete der Versicherung umgehend den Schaden und machte die zur Schadensbeseitigung erforderlichen Kosten von rund EUR 24.000 geltend. Im Rahmen der Leitungsprüfung nahm die Versicherung sodann eine Leistungskürzung wegen grober Fahrlässigkeit von 50 % vor. Die Versicherung berief sich dabei auf ihr Leitungskürzungsrecht gemäß Ziffer 10 a) GB 3307 (Besondere Obliegenheiten), wonach der Versicherungsnehmer zur Vermeidung von Überschwemmungs- bzw. Rückstauschäden bei rückstaugefährdeten Räumen Rückstausicherungen anzubringen und funktionsbereit zu halten hat.

2. Die Entscheidung

Der 7. Zivilsenat des OLG Frankfurt am Main hat geurteilt, dass dem Kläger gegenüber seiner Versicherung ein Anspruch auf Zahlung einer weiteren Entschädigung für den Wasserschaden in Höhe von rund EUR 12.000 zusteht. Zur Begründung führte das Gericht an, dass in der entsprechenden Wohngebäudeversicherung Elementarschäden durch Rückstau versichert seien (GB 3308 Ziffer 1 a, 2b). Außerdem sei eine Leistungskürzung wegen grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung nicht berechtigt, da eine Wartungsobliegenheit nicht wirksam vereinbart wurde. Der Versicherungsnehmer sei nach Ziffer 10 a GB 3307 zwar zur Vermeidung von Überschwemmungs- bzw. Rückstauschäden zur Anbringung von Rückstausicherungen verpflichtet und müsse diese auch funktionsbereit halten. Dieser Obliegenheit zum Einbau einer Rückstausicherung war der Versicherungsnehmer auch nachgekommen. Allerdings sei die Obliegenheit, die Rückstausicherung „funktionsbereit“ zu halten, mangels Bestimmtheit wegen eines Verstoßes gegen das gesetzliche Leitbild im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Eine „klare Handlungspflicht“ sei für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer hier nicht ersichtlich. Es bleibe unklar, ob von ihm eine Wartungs- und nicht nur eine bloßen Reparaturverpflichtung abverlangt wird.  Weder eine Wartungs- noch eine Instandsetzungsobliegenheit würden in der Klausel explizit benannt. Das Gericht forderte zumindest eine klare Vorgabe von Wartungsintervallen zur hinreichenden Konkretisierung der sanktionsbewehrten Wartungsobliegenheit. Daher scheide im konkreten Fall eine Obliegenheitsverletzung mangels wirksam vereinbarter Wartungsobliegenheit aus. Im Ergebnis wurde dem Versicherungsnehmer der weitere Ersatzanspruch von rund EUR 12.000 zugesprochen.

3. Kanzlei PSS Rechtsanwälte

Rechtanwalt Dr. Perabo-Schmidt von der Kanzlei PSS Rechtsanwälte aus Wiesbaden begrüßt dieses Urteil. Wegen der schwerwiegenden Folgen von Obliegenheitsverletzung muss nämlich das auferlegte Tun oder Unterlassen (hier: Aufrechterhaltung der Funktionsbereitschaft) ausdrücklich und zweifelsfrei werden. Nur so kann der Versicherungsnehmer erkennen, wie er seinen Versicherungsschutz aufrechterhalten kann.

Die Kanzlei PSS Rechtsanwälte aus Wiesbaden vertritt bundesweit versicherungsrechtliche Fälle. Wir freuen uns auf Ihren Kontakt.